Jeff Lynne ELO gastieren in Berlin am 19.09.2018
Nach Ewigkeiten gastiert der Meister Jeff Lynne mit Band in der Merceedes Benz Arena
Jeff Lynnes ELO in der Mercedes Benz Arena am 19.09.2018
ELO, das ist Popgeschichte und ein Markenzeichen.
Als ich ELO vor Jahren am Silvestertag auf 3Sat mit ihrem grandiosen Konzert sah, stand für mich fest: Wenn der Meister Lynne noch einmal nach Deutschland kommt, bin ich dabei. 2018 sollte es nun soweit sein. Es gab natürlich ein Run auf Tickets und sofort wurde zugeschlagen. Ich hatte mir Berlin ausgesucht. Die Mercedes Benz Arena (Ex O2 World) stand früher mal für schlechten Klang. Obwohl ich schon x-mal dort war, kann es nicht bestätigen. Für mich ist sie eine der besten Hallen. Punkt. Überrascht war ich, als ich seit meinem letzten Konzi im Oktober 2015 den Platz davor wieder sah. Mittlerweile ist alles zugebaut. Der Charme dieses Berliner Viertels scheint zunehmend im roten Berlin vom Kapitalismus geschluckt zu werden. Na ja... Jedenfalls war der Gigg frühzeitig ausverkauft, und an diesem Tag strömten tausende Fans an den Ostbahnhof. Die Konzerthalle war komplett bestuhlt, was jedoch keinen Abbruch tat, ich denke, so um 13 000 Leute sollten dabei gewesen sein.
ELO wurde ja früher mal von so genannten Kritikern zu einer billigen Popband ohne Kreativität abgestempelt. Ich glaube, eher das Gegenteil ist der Fall. Mittlerweile lese ich Kritiken in Zeitungen, Musikmagazinen oder auch Online mit einem lachenden Auge. Bei mir entscheidet das Herz, das Gefühl und die Freude über die Musik und nicht, was „Rolling Stone“ oder „Bild“ schreibt. Jedenfalls gehört Lynne für mich zu den ganz, ganz Großen im Geschäft und hat sich mit seinen 70 Lenzen bereits ein Denkmal gesetzt. Er steht für eine Hitmaschine aus vielen verschiedenen Klangbildern, vereint Rock, Pop und sinfonische Klänge. Was Lynne produzierte, waren Ohrwürmer für die Ewigkeit, etwas, das es in der heutigen Zeit musikalisch eher noch selten gibt. Wie schon gesagt, es strömten Fans aller Altersklassen und aus vielen Regionen nach Berlin. Die 45 bis 65 Jährigen waren in der Mehrzahl, aber auch jüngere Zuhörer gehörten zu den Besuchern. Und wir waren dabei. Nach dem Abendessen mit Bierchen ging es in die Arena.
Als Vorband gab es Billy Lockett zu hören. Hm..., der passte zum Hauptact und machte seine Sache richtig gut, bekam auch gebührenden Applaus von den Besuchern. Er ist ein Musiker, den man sich merken und sicher auch mal live erleben sollte.
Nach einer etwas zu langen Umbauphase von ca. 30 Minuten wurde es dunkel und der Star des Abends betrat unter Applaus die Bühne. Jeff Lynne und sein 12-köpfiges Orchester beglückten endlich die wartenden Fans. Ja, Orchester kann man mit Fug und Recht sagen…, da gab es Streicher, Tastenleute, Gitarren und Drums. ELO steht für Klangbilder, Perfektion und melodiösen Rock und was Lynne auf die Bühne brachte, war das, was die Fans hören wollen: keine Experimente, keine überlangen Soli, keine Action auf der Bühne, sondern höchstes Klangerlebnis in einer schönen Lichtshow präsentiert. Schon beim ersten Song „Standin' in the Rain“ konnte man es erleben. Regen prasselte auf der Leinwand und alle waren sofort aus dem Häuschen. Lynne genoss es, er hatte es einfach nicht nötig, den wilden Actionkünstler zu spielen. Er wirkte fast steif auf der Bühne, aber alle wissen ja, jeder Song trägt seine Handschrift und begeistert Millionen auf der Welt. Was will man mehr.
In dem 1 1/2-stündigen Konzert, das gern hätte länger sein können, folgte ein Hit auf den anderen..., keine Pause, kaum Worte, einfach nur Musik live in Vollendung, mit einer Zeitreise in die späten 70-er und Anfang 80-er Jahre. Schon damals hatte mich die Band begeistert und sie tut es immer noch. Gute Laune-Musik, die nie älter wird für mich, auch wenn nur noch ein früheres Bandmitglied dabei ist.
ELO war und ist hauptsächlich der Häuptling Jeff. Mit „All Over the World“ und „Livin' Thing“ folgten gleich zu Beginn richtige Kracher. Aussetzer, nein, die gab es nicht. Jeder Song hatte seine Aura und der Lenker mit seiner altbekannten Mähne und Sonnenbrille lenkte das Raumschiff ELO mit absoluter Routine. Und weiter ging es. Der unverwechselbare ELO Sound wurde unterbrochen von einem Song „Handle With Care“…, die Supergroup lässt grüßen. Jeff war Mitglied, und die Traveling Wilburys huschten auf der Videoleinwand durch´s Bild. Leider gibt es die Musikhelden Petty, Orbison und Harrison nicht mehr, aber eben noch Lynne. Die Setlist war angereichert mit echten Leckerbissen und das Publikum durchweg voll dabei, mal emotional, mal gespannt, mal fast verzaubert von der Darbietung einiger Songs. Die Fans sangen mit, standen auf und wurden in erster Linie von den Klängen der vielschichtigen Musik verwöhnt. Auch visuell wurde einiges geboten. Die Lightshow war passend abgestimmt, besonders beim gefühlvollen Song „Telephone Line“ wurde der Raum fast mystisch mit Laserstrahlen durchflutet. Es ging Schlag auf Schlag bei diesem unendlichen Reportware der Band.
„Don't Bring Me Down“, „Turn to Stone”, “Mr. Blue Sky” zum Finale und der Saal tobte. Was für ein Konzert. Mit “Roll Over Beethoven” verabschiedete sich viel zu früh ein Orchester, das nah an der Perfektion arbeitete und Pilot Lynne, der das ELO Raumschiff endlich wieder nach Deutschland führte. Ich glaube es waren fast 30 Jahre.
Einziges Manko: Hits wie „Confusion, Calling America“ oder „London Train“ schafften es leider nicht in die Setlist .
Für mich ist es ein großes Erlebnis gewesen in Berlin unter den Glücklichen zu sein. Das Konzert war für mich definitiv ein Höhepunkt und jeden Cent wert. Auch wenn das Ende leider in solchen großen Hallen abrupt ist und das Flair schnell verfliegt, haben bei mir die Emotionen noch lange gewirkt. Große Konzerte werden immer seltener in meinem Muggenkalender, auch weil meine Helden vergangener Tage immer seltener werden. Lynne ist so ein Held und ich wünsche mir, dass er es vielleicht noch einmal schafft, eine große Tour zu machen.
Für Fans: Es gibt herrliche Konzertmitschnitte von den Konzerten im Hyde Park 2014, das grandiose Comeback und vom Wembley Auftritt 2017.